Dienstag, 24. Juni 2008
Sarah sucht ihre Träume
Ich hatte die ganze Zeit gehofft, die Träume würden von selbst zurückkehren. Vielleicht hatte ich nur eine Krankheit, vielleicht war es der Streß von der Arbeit, vielleicht lag es auch an der faden Beziehung mit Stefan.
Stefan war ein todlangweiliger Typ. Komischerweise war es gerade das, was mich zuerst an ihm angezogen hatte. Seine Eltern, Akademiker. Er selbst hatte straight vom Abi bis zum BWL-Abschluss durchgepaukt, hatte einen guten Job gefunden und würde es vielleicht nicht sehr weit bringen, aber weit genug, um halbwegs gut leben zu können.
Obwohl mich Draufgänger mehr angezogen hatten, hatte ich mich für Stefan entschieden. Er würde mich nicht betrügen, würde mich nicht von heute auf morgen sitzen lassen, würde mir nicht die Bude mit seinen besoffenen Freunden voll kotzen.
Aber die Beziehung war langweilig. Wir schienen uns nach einem Monat, nach dem ersten Verliebtheits-Hype nichts mehr zu sagen zu haben. Er war so berechenbar wie ein Schweizer Uhrwerk.
Wir beide - zumindest ich wusste es - spürten schon, dass die Beziehung vorbei war. Es fehlte diese Spannung, dieses Vibrieren, jenes Gefühl, das Leute verbindet, die nicht frisch verliebt sind, sondern die sich lieben. Wir beide wussten das, und dennoch taten wir so, als wäre nichts.
vielleicht waren wir auch einfach zu faul, zu bequem, die Beziehung zu beenden und ließen sie deshalb schleifen. Wenn Beziehungen sich einmal festgefahren haben, möchte man sie ungern beenden, auch wenn das besser wäre.
Vielleicht. Heute glaube ich aber, wir hatten beide Angst vor dem Alleinsein. Davor, keinen Anderen mehr zu finden, keine Beziehung mehr eingehen zu können. Wir hatten Angst davor, im Meer der Suchenden unterzugehen.Wir waren Beide nicht so der Bringer.
Als wir durch den Englischen Garten spazierten an einem Abend im Sommer, sagte ich ihm, daß es vorbei wäre. Er nickte nur und sagte nichts.
Ich glaube, das war das erste Mal, daß mich seine Reaktion überrascht hat. Ich kannte ihn gut und hatte keine Gefühlsausbrüche oder spontanen Heulgesänge erwartet. Aber seine Nüchternheit, sein kurzes Nicken, als ob er das alles schon erwartet hätte, seine Wortlosigkeit, sein feuchter Händedruck zum Abschied. War das der Typ, mit dem ich meine Zukunft hatte verbringen wollen?
Ich hätte an diesem Abend gerne geweint, doch es schien mir, als wären sämtliche Gefühle von mir genommen worden. Und meine Träume kamen auch nicht wieder.

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Lebensabschnittsgefährten
Nina kannte Sarah aus Studienzeiten. Sie studierten gemeinsam, sasßen in der gleichen Lerngruppe, gingen gemeinsam mensen, trafen sich auf Partys und hatten einenn gemeinsamen Bekanntenkreis.
Sarah war eine nette Person, immer gut drauf, immer bereit, mitzutrinken, immer einen coolen Spruch drauf. Und die Nacht durchtanzen konnte sie auch. Dass sie immer so langweilige Typen abschleppte, war dann doch nebensächlich.
Nina fiel erst später auf, später, als das Studium vorbei war, dass sie Sarah eigentlich gar nicht kannte. Wenn man mit zehn Personen in die laute Mensa geht, mit zehn Personen auf die Disco, sich mit dreißig anderen Leuten volllaufen und wegkiffen ließ, dann schien man sich über nichts von Belang zu unterhalten. War das der eigentliche Sinn, warum man nie in kleinen Gruppen wegging, nie den Alkohol wegließ und nie die Musik leiser drehte, damit jede Unterhaltung im Keim erstickt werden konnte?
Das merkte sie erst, als das Studium vorbei war, die meisten Studienkollegen weggezogen oder irgend wie unsichtbar geworden waren. Da war sie gezwungen, mit Sarah, ihrer Freundin, auch über ernsthafte Themen zu reden.
Doch Nina merkte schnell, und Sarah schien es zu wissen, dass sie beide niemals richtige Freundinnen waren. Sie kamen nie über diese feine, aber dennoch starke Schwelle hinaus, in der bloße oberflächliche Sympathie sich in echte Zuneigung verwandelte.
Sarah schien eine Art Fassade vor sich herzutragen, in der sie eine Partymaus war, während sie einen verborgenen Teil besaß, den sie nicht einmal vor sich selbst offenbaren mochte, geschweige denn vor jemandem anderen. Sie schien gar keine echten Freunde zu haben, sondern nur oberflächliche Beziehungen, in denen ernsthafte Gespräche so selten waren wie eine Nacht ohne Alkohol.
Nina mochte keine Tiefen, weder tiefe Menschen noch tiefe Beziehungen. Sie wollte sich nicht vom melancholischen Leuten langweilen lassen, sondern das Leben in vollen Zügen genießen.
Deshalb war die Bekanntschaft mit Sarah schnell vorbei, als Sarah zu arbeiten anfing und immer komischer wurde. So etwas ging erstaunlich schnell, man rief sich nicht mehr an, mailte und simste nicht mehr, ging auf Partys aneinander vorbei, tat so, als hätte man sich nicht gesehen und hätte sich ohnehin nie gekannt oder gemocht. Was wohl auch stimmte.

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Die Formulierung muss sitzen
Schreibt man eine Story in einem Blog, hat man eine grobe Idee, wie die Story verläuft. Aber während ein echter Roman tausend mal lektoriert, wiedergelesen und perfektioniert wird, bevor er in Buchform erscheint, muss jeder Blogeintrag, der zur Story gehört, beim ersten Mal sitzen. Sowohl, was den Plot angeht als auch, was die Formulierungen an sich angeht.

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