Donnerstag, 3. Juli 2008
Der Kaiser ist nackt!
Wahrscheinlich denkt jeder von sich, er alleine könne die Welt richtig durchschauen, könne sagen, wie die Welt wirklich ist.
Und natürlich besitzen wir alle die Frische zu sagen, dass der Kaiser keine Kleider anhat. In unserer Zeit wird das aber so oft gesagt, dass es immer zutrifft - und immer falsch ist.
Nachdem ich mich im Theaterspiel nur in eine figur versetzen konnte, die nicht echt, nicht real war, wollte ich nun mich in echte Menschen versetzen.
Wenn ich abends durch die Straßen gehe, frage ich mich oft, was die Menschen hinter den Gardinen so machen, was sie denken, worüber sie reden und wie sie leben.
In der U-Bahn spüre ich oft die Versuchung, die Leute einfach anzusprechen, die interessant aussehen. Ich weiß, dass jeder von ihnen eine nette Geschichte zu bieten hat. Ich möchte sie hören, möchte sie aufschreiben. Ich möchte mit ihnen ihre Erinnerungen durchwandern.
Ich tat es nicht. Wir sind heute so gehemmt, dass wir von jedem, der uns anspricht, nur das schlimmste befürchten.
Stattdessen dachte ich mir kleine Geschichten aus, ich malte mir die Gespräche aus, wie sie verlaufen könnten. Ich malte mir aus, wie wir in ein Cafe oder in eine Kneipe gehen und sie mir und ich ihnen - wie wir gemeinsam unser Leben einander erzähtlen und so ein Teil des jeweils anderen Lebens wurden.
Ich glaube, dass ich durch meine äußere Distanz die Menschen abschrecke. Ich hoffe dennoch, dass ich zumindest eine Saite in ihnen zum Klingen gebracht habe, dass ich eine Winzigkeit in ihrem Leben zum Positiven geändert habe - und das sie mich nicht vergessen werden. Vielleicht kann ich Teil ihrer Träume werden, auch wenn ich selber nicht mehr träumen kann.

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