Samstag, 5. Juli 2008
In Tonys Kopf - II
Ich habe oft das Gefühl, unsichtbar zu sein. Eine Art Gespenst, dass zwar wahrgenommen, aber nicht gesehen wird. Die Leute scheinen nicht mich zu sehen, sondern einen Haufen Klschees darüber, was ich sein könnte. Die dunkle Haut, das krause Haar, ein junger Mann mit bulliger Figur, strubbligen Haaren und einer breiten Nase. Was er wohl für einZeug nimmt? Ob er dealt? Ob er seine Freundin schlägt? Ob er wohl einer von den harmlosen Spinnern ist?
Die Leute setzen sich also fast nie neben mich in der U-Bahn, es sei denn, kein anderer Platz ist frei. Sie grüßen nicht, wenn wir uns auf dem Flur begegnenen, wenn sie in unser Büro kommen oder bei anderen Gelegenheiten.
Sie scheinen zu glauben, das ich eine Art Ding bin, dass über keinerlei Emtionen verfügt oder nicht in der Lage ist zu verstehen, was das bedeutet, was sie da tun oder nicht tun.
Manchmal glaube ich, dass der Ruch von Unterschicht sichtbar an mir haftet. Die Arroganz und Hochnäsigkeit dieser Uniaffen ist absolut unerträglich. Als Selbstschutz habe ich ir eine Art von Respektlosigkeit gegenüber diesen Leuten zugelegt, die ins Selbstzerstörerische mündet. Ich frage mich oft, wie lange es wohl noch dauern wird, bis ich mir meine Zukunft endgültig kaputt gemacht habe, weil ich nicht in der Lage bin, in diese Schicht aufzusteigen.
Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als diese Ecken und Kanten abzulegen und mich endlich anpassen zu können.
Aber es gibt viele Dinge, die man in der Unterschicht nicht lernt. Die Kunst einer sinnfreien, aber dennoch stilvollen Konversation. Das Arbeiten nach festen Zeitabläufen, die Konzentration auf die derzeitige Aufgabe, die Umangsformen im Allgemeinen.
Manchmal glaube ich, der einzige Grund, warum ich noch weiter mache ist der, dass ich einen kleinen, einen sehr kleinen Einfluss habe, der hoffentlich positiv ist. Es gibt eine Handvoll Leute, die mir sehr verbunden sind, auch wenn sie mich vielleicht mittlerweile schon vergessen haben, haben sie mir doch etwas gegeben und vielleicht habe ich ihnen etwas gegeben. Etwa das Mädel, das ich gestern in der U-Bahn getroffen habe und die mich auf einen Blick zu verstehen schien. Oder dich, der du gerade in meinen Kopf eingedrungen bist, vergiß mich nicht. Vergiß niemals

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Freitag, 4. Juli 2008
In Tonys Kopf
Es gibt schlechte Tage und weniger schlechte. Manchmal reicht ein Lächeln oder eine nette Geste aus, um einem den Tag zu retten. Manchmal kann eine Geste oder ein falscher blick einem den Tag versauen. Heute traf ich dieses Mädel, eine Deutsche wahrscheinlich, die mir die Tür in der U-bahn aufhielt, sich neben mich setzte und mir ein nettes Lächeln zuwarf. Es ist nicht die Art flirtende Blicke, sondern jene Art von Lächeln, das sagt, ich verstehe, was in dir vorgeht. Ich habe eine stille Mitstreiterin.
Vielleicht bilde ich mir das alles nur ein. Immerhin hat sie mich wie einen Menschen behandelt und das ist mehr, als ich erwartet habe.
Meine Eltern kamen aus Mosambique, ich bin Deutscher, ohne deren Hautfarbe zu haben. Ich habe studiert, spreche perfekt Deutsch, aber es scheint ihnen nie zu reichen.
sie gucken mich an, als ob ich ein Tier wäre, etwas, was gerade aus dem Dschungel kam und sie gleich vergewalitgen wird. Und manchmal schauen einfach durch mich durch, als ob ich ein Phantom wäre. Ich weiß nicht, was mir lieber ist.
Ich wünschte manchmal, ich könnte einfach Schluß machen damit. Nie wieder unter Leute gehen, aus dem Land verschwinden, das mich niemals dazu gehören lässt.

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Donnerstag, 3. Juli 2008
Der Kaiser ist nackt!
Wahrscheinlich denkt jeder von sich, er alleine könne die Welt richtig durchschauen, könne sagen, wie die Welt wirklich ist.
Und natürlich besitzen wir alle die Frische zu sagen, dass der Kaiser keine Kleider anhat. In unserer Zeit wird das aber so oft gesagt, dass es immer zutrifft - und immer falsch ist.
Nachdem ich mich im Theaterspiel nur in eine figur versetzen konnte, die nicht echt, nicht real war, wollte ich nun mich in echte Menschen versetzen.
Wenn ich abends durch die Straßen gehe, frage ich mich oft, was die Menschen hinter den Gardinen so machen, was sie denken, worüber sie reden und wie sie leben.
In der U-Bahn spüre ich oft die Versuchung, die Leute einfach anzusprechen, die interessant aussehen. Ich weiß, dass jeder von ihnen eine nette Geschichte zu bieten hat. Ich möchte sie hören, möchte sie aufschreiben. Ich möchte mit ihnen ihre Erinnerungen durchwandern.
Ich tat es nicht. Wir sind heute so gehemmt, dass wir von jedem, der uns anspricht, nur das schlimmste befürchten.
Stattdessen dachte ich mir kleine Geschichten aus, ich malte mir die Gespräche aus, wie sie verlaufen könnten. Ich malte mir aus, wie wir in ein Cafe oder in eine Kneipe gehen und sie mir und ich ihnen - wie wir gemeinsam unser Leben einander erzähtlen und so ein Teil des jeweils anderen Lebens wurden.
Ich glaube, dass ich durch meine äußere Distanz die Menschen abschrecke. Ich hoffe dennoch, dass ich zumindest eine Saite in ihnen zum Klingen gebracht habe, dass ich eine Winzigkeit in ihrem Leben zum Positiven geändert habe - und das sie mich nicht vergessen werden. Vielleicht kann ich Teil ihrer Träume werden, auch wenn ich selber nicht mehr träumen kann.

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Dienstag, 1. Juli 2008
no name never
Sarah begann also, neue Wege zu erkunden, denn durch ihre fehlenden Träume war ihr eine andere Welt als die eigene verschlossen.
Da wir ohnehin alle nur Rollen spielen, dachte sich Sarah, auch sie könne das, dieses Mal aktiv und gesteuert. Sarah schloss sich der Laientheatergruppe an. Zwar hatte sie nie Theater gespielt, aber ihre Stimme war gut und sie liebte Literatur.
Theater spielen ist eine spannende Sache. Wir alle können zeitweise so tun, als wären wir jemand anders. Wir können zudem unsere Handlungen mit dramatischer Stimme und übertriebenen Gesten artikulieren. Doch können wir das auch, wenn uns 50 oder 100 Leute dabei zuschauen? Und können wir wirklich eine Person spielen, die vollkommen unserem Charakter widerspricht?
Sarah lernte langsam, das Leben neu zu entdecken und sich selbst und ihre Handlungen anders zu betrachten.Sie lernte, sich in Gefühlswelten zu versetzen, indem sie andere Menschen nachspielte.
Durch bloße Lektüre oder Imagination wäre ihr das nicht gelungen.
Und sie lernte ihr Leben wieder ein Stück mehr unter Kontrolle zu bekommen.
Doch das Theater war ihr zu theatralisch, zu dramatisch und zu inszeniert. Sie wusste zwar, dass in jedem Stück Literatur, Theater und Kunst ein Stück des Kreativen steckte, der es geschaffen hatte.
Sarah war auf dem richtigen Weg, das merkte sie schnell, aber es war nur der erste Schritt auf dem langen Weg zu ihren Träumen.

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Sonntag, 29. Juni 2008
Ich will nicht mehr ich sein
Ich begriff allmählich, dass ich meine Träume auf konventionellem Wege nicht wiederfinden würde. Ich musste beginnen, meine Phantasie einzusetzen.
Die Phantasie ist im Grunde nichts Anderes als Träumen, nur, dass man die Phantasie mehr oder weniger steuern kann.
Was meine Träume bisher für ich gemacht hatten, musste ich nun selber tun. Und mir war ja klar, dass ich mich dafür neu erfinden musste. Warum? Weil es darum ging, neue Sinnwelten zu entdecken. Welten, die Sarah bisher verschlossen waren, die aber jemand anders entdecken konnte. Und ich musste dieser Andere werden, zumindest zeitweise, um seine Welt zu verstehen.

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